Wissenschaft zum Anfassen
Namibias Aktionstag zu "Artenvielfalt und Klimawandel" im Gobabeb Forschungs- und Trainingszentrum
Die Ausgangssituation
Die Namib an der Südwestküste Afrikas gilt als älteste Wüste der Welt. Sie ist bekannt für ihre unermessliche Weite und die Schönheit ihrer riesigen Sanddünen. Mit Temperaturschwankungen von oft über 50°C zwischen Tag und Nacht, mit ausgeprägten Trockenperioden und häufigen Sandstürmen erscheint sie als überaus unwirtlicher Raum. Und doch tummelt sich in ihr vielfältiges Leben. Dies zu zeigen, seine Bedeutung zu erkunden und auf die Risiken aufmerksam zu machen, die der Klimawandel für das empfindliche Ökosystem mit sich bringt, war Thema des diesjährigen Aktionstags zur biologischen Vielfalt in Namibia.
Quelle des Lebens in der Wüste Namib sind regelmäßige Küstennebel, die sich vom Atlantik aus über das Land legen. Ursache ist der kalte Benguelastrom, der von der Antarktis aus Richtung Norden entlang der namibischen Küste fließt. Der aus ihm entstehende Nebel liefert der Region bis zu fünf Mal mehr Feuchtigkeit als der Regen und stillt den Durst unzähliger Pflanzen und Tiere.
Doch der Klimawandel bringt diese Lebensquelle in Gefahr. Studien deuten darauf hin, dass die Strömungsverhältnisse des Benguelastroms sich verändern und der Küstennebel in Zukunft abnehmen oder sogar ganz ausbleiben könnte. Das würde das Ende für die in der Region vorkommenden Arten bedeuten. Denn in dem harschen Umfeld der Wüste hängen die verschiedenen Arten besonders voneinander ab. Selbst wenn der Klimawandel sich nur auf wenige von ihnen direkt auswirkt, bringen die indirekten Effekte das ganze Ökosystem aus dem Gleichgewicht.
Schon jetzt stehen die einheimischen Arten durch den Klimawandel unter Druck. Immer mehr fremde Arten wandern in die Namib ein, besetzen den Lebensraum und konkurrieren um das knappe Wasser. All dies gefährdet auch die Lebensgrundlage der dort beheimateten Menschen. So könnten beispielsweise die Vorkommen der heimischen Narra-Pflanze zurückgehen, die eine wichtige Rolle für die Ernährung der in der Zentralregion lebenden Topnaar-Gemeinschaften spielt. Zudem führen giftige invasive Pflanzen oft zu Erkrankungen bei den wenigen Haustieren, die sich die Topnaar leisten können.
Das Vorgehen
Ziel des nationalen Aktionstags zur Artenvielfalt war es, die komplexen Zusammenhänge zwischen Natur, Mensch und Klima begreifbar zu machen. Denn der Klimawandel erfordert nicht nur Gegenmaßnahmen, sondern auch Anpassungsleistungen von Mensch und Natur, die sich nicht auf den ersten Blick erschließen.
Namibia beging dieses Jahr schon zum dritten Mal einen solchen Aktionstag. Um die 150 Teilnehmer kamen am 18. Mai 2013 – kurz vor dem Internationalen Tag für Biodiversität der Vereinten Nationen – zusammen, um die Natur hautnah zu erleben und ihre Bedeutung für den Menschen zu diskutieren. Gastgeber war diesmal das Gobabeb Forschungs- und Trainingszentrum, ein international anerkanntes Institut mit Sitz inmitten der Namib-Wüste. Die Arbeit des Zentrums wird seit 1998 vom Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert. Im Rahmen eines kürzlich begonnenen Projekts arbeitet die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GIZ) mit dem Gobabeb-Zentrum und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen Namibias am Thema "Biodiversitätsmanagement und Klimawandel". Das Format des Aktionstags lehnt sich an den deutschen "GEO-Tag der Artenvielfalt" an.
Im Vorlauf zum Aktionstag hatte das Gobabeb-Zentrum einen einwöchigen Youth Environmental Summit (YES) organisiert, an dem 30 Schüler der 11. Klasse verschiedener Schulen der Region teilnahmen. Unter Anleitung von Lehrern und Experten führten die Jugendlichen naturwissenschaftliche Untersuchungen in Gobabeb und Umgebung durch. In drei Gruppen arbeiteten sie zu den Themen "Abhängigkeit der Flora und Fauna von Nebel in der Namib Wueste", "Invasive Flora im Kuiseb Flussbett" und "Reptilien von Gobabeb". Eine Gruppe unternahm Messungen des Nebelniederschlags und untersuchte die Formen der Dünengräser, die den Nebel für sich nutzen. Eine andere kartierte die Vegetation entlang eines Flussbettes, um zu zeigen, wo welche Pflanzen am besten gedeihen. Die dritte Gruppe erforschte, wie die Reptilien ihren Tagesablauf an die Temperaturschwankungen angepasst haben.
Zum Aktionstag selbst kamen die Schüler mit dem Minister für Umwelt und Tourismus, Uahekua Herunga, und etwa 120 weiteren Teilnehmern zusammen, darunter Wissenschaftler, Vertreter namibischer und deutscher Ministerien, traditionelle Autoritäten, NGOs und Journalisten.
In kleinen Vorträgen stellten die Jugendlichen dem interessierten Publikum die Ergebnisse ihrer Arbeit vor und präsentierten ihre Erkenntnisse mit kreativen Darstellungen wie Gesang, Theater und Tanz. Anschließend leiteten sie Exkursionen zu den Projekt-Stationen. Unterwegs wurde erklärt, wie die am Rande der Wüste lebenden Menschen ein Auskommen gefunden haben, und wie sie für viele Pflanzen eine Verwendung gefunden haben, die ihnen das Überleben sichert. Weitere Informationen erhielten die Teilnehmer aus der Präsentation einer aktuellen Studie, die zeigt, mit welchen Anpassungsstrategien die lokale Bevölkerung den Herausforderungen des Klimawandels begegnet: Da die natürlichen Ressourcen als Lebensgrundlage immer weniger ausreichen, gewinnen neue Einkommensquellen – beispielsweise Saisonarbeit, aber auch Tourismus – zunehmend an Bedeutung.
Abschließend gab es noch einen Blick auf erneuerbare Energien: Ihr Einsatz spielt beim Klimawandel wie auch beim Schutz der Artenvielfalt eine bedeutende Rolle. Das Solarenergiesystem im Gobabeb Forschungs- und Trainingszentrum wurde mit deutscher Unterstützung aufgerüstet. Im Namen des Deutschen Botschafters, Onno Hueckmann, wurde das modernisierte System anlässlich des Aktionstags von der Vertreterin des BMZ, Annegret al-Janabi, übergeben.
Die Wirkungen
Wie schon in den Vorjahren wurde auch der Aktionstag 2013 von allen Teilnehmern als voller Erfolg beschrieben, der viel Spass, Freude und neue Erkenntnisse mit sich brachte. Die Jugendlichen wie auch die erwachsenen Teilnehmer wurden sich der sie umgebenden Natur bewusster und lernten, welche Bedeutung gerade die kleinen Reptilien und Insekten haben, über die oft hinweggesehen wird. Sie erkannten, wie anfällig das Gleichgewicht in diesem sensiblen Ökosystemen ist, und welche Folgen es für Mensch und Natur hat, wenn neben der zunehmenden Nutzung der Naturressourcen auch noch der Klimawandel als Stressfaktor hinzukommt.
Vielfach wurde der Wunsch geäußert, dass der nationale Aktionstag zur Artenvielfalt ein fester Bestandteil des National Environmental Awareness Kalenders in Namibia werden möge.
Mehr Info
Gobabeb Research and Training Centre
Artikel zum 2013 Biodiversity Action Day: http://www.gobabebtrc.org/index.php?option=com_content&view=article&id=160:the-iconic-species-for-biodiversity-action-day-2013-&catid=1:latest-news
GEO Artikel: http://www.geo.de/GEO/natur/oekologie/namibia-leben-spendender-nebel-76042.html
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